Die Verfolgung der Armenier in der Türkei seit der Gründung der Türkischen Republik 1923

Wie ist die Situation der Armenier nach dem Völkermord seit der Gründung der heutigen Türkischen Republik? Offizielle behauptet der türkische Staat, dass es in der Türkei keine Unterdrückung der Armenier geben würde.

Tatsache ist jedoch, auch nach dem Völkermord sind die Armenier und andere christliche Minderheiten Diskriminierungen und Anfeindungen ausgesetzt.

Nur ein paar wenige Schlaglichter sollten genügen:

  • 1922–1923 wurden ca. 1.250.000 griechisch-orthodoxe Christen im Zuge der griechischen Niederlage im griechisch-türkischen Krieg und gemäß dem anschließend vereinbarten Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei nach Griechenland vertrieben. Ausgenommen waren lediglich die griechisch-orthodoxen Gemeinden in Istanbul und auf den Inseln Bozcaada und Gökçeada. Beim Bevölkerungsaustausch wurden auch 500.000 muslimische Türken aus Griechenland in den neuen türkischen Nationalstaat vertrieben. Zehntausende Christen wurden nach der Eroberung der griechischen Gebiete oder bei den Vertreibungen ermordet.
  • 1955 verließen nach dem vor allem gegen Griechen gerichteten "Pogrom von Istanbul" tausende griechisch-orthodoxe Einwohner die Stadt. Von 110.000 Griechen im Jahr 1923 waren zehn Jahre nach dem Pogrom nur noch 48.000 geblieben.
  • Pogrome von Istanbul, Izmir und Ankara zwischen 6. - 7. September 1955
    • Der Pogrom von Istanbul bezeichnet gewalttätige Ausschreitungen gegen die christliche, vor allem griechische Minderheit in Istanbul, Izmir und in der türkischen Hauptstadt Ankara in der Nacht vom 6. auf den 7. September 1955. Dem Verbrechen fielen auch türkische Juden und Armenier zum Opfer.
    • Während türkische Zeitungen damals von 11 Toten sprachen, gehen neuere Untersuchungen von 15 Toten aus (einschließlich zweier orthodoxer Priester und eines Armeniers).
    • Am 6. September 1955 berichtete der türkische Rundfunk, im Geburtshaus des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk in der nordgriechischen Stadt Thessaloníki sei eine Bombe explodiert. Daraufhin druckte die Istanbuler Express-Zeitung sofort eine Sonderausgabe mit dem Titel: „Das Geburtshaus unseres Ahnen wurde bombardiert“.
    • Ein Gerichtsverfahren stellte später fest, dass die Bombe, die am 6. September 1955 im Geburtshaus Mustafa Kemal Atatürks explodierte auf Befehl der damaligen Regierung gelegt und die Ereignisse vom 6./7. September somit von der Demokratischen Partei (hat sehr viele ähnlichkeiten wie die heute regierede AKP) organisiert wurden. Als Reaktion auf dieses Ereignis fand das Pogrom von Istanbul statt.
    • Am 6. September gegen 18 Uhr begann in Istanbul ein Zug von ca.  250.000 Personen durch die Straßen zu ziehen und zu marodieren. Nicht nur von auswärts kommende Schläger übten Gewalt aus, sondern auch Istanbuler Bürger machten sich als Helfer, Täter bzw. Mitläufer schuldig.
    • Muslimische Bewohner Istanbuls sollen in jener Nacht ihre Häuser mit der Landesfahne beflaggt haben, um dem marodierenden Mob zu offenbaren, welches Haus zu schonen sei bzw. welches sie angreifen konnten.
    • In einigen Fällen hatten Helfer des Pogroms Häuser mit der Aufschrift „Kein Türke“ versehen, um darauf hinzuweisen, dass diese zur Plünderung offenstanden.
    • Mord, Vergewaltigung und schwerste Misshandlung, unter anderem Zwangsbeschneidungen, gingen mit der Zerstörung einher.
    • Weiterhin zählte man in Istanbul 32 schwerverletzte Griechen. Von den insgesamt 80 orthodoxen Kirchen in und um Istanbul wurden zwischen 60 bis 72 „mehr oder weniger beschädigt“ bzw. in Brand gesetzt. Neben den Kirchen wurden mehr als 30 christliche Schulen in Brand gesetzt. Weiterhin schändete der Mob christliche Friedhöfe, Gebeine der Geistlichkeit, verwüstete rund 3.500 Wohnhäuser, 110 Hotels, 27 Apotheken und 21 Fabriken und mehr als 4.000 bis 5.000 Läden und Geschäfte.
    • In den Wirren des Pogroms wurden auch einige Geschäfte von Muslimen angegriffen.
    • Bei den Ausschreitungen gegen die Minderheiten sah die Polizei untätig zu bzw. duldete sie wohlwollend.
    • Der Ökumenische Patriarch Athinagoras I., Oberhaupt der orthodoxen Christenheit, harrte im Phanar aus, der zwar belagert, aber nicht gestürmt wurde.
    • Die damals unter Menderes amtierende türkische Regierung von der Demokrat Parti versuchte, den Pogrom der politischen Linken um Aziz Nesin, Kemal Tahir und den Sozialisten anzuhängen. Die nach dem Militärputsch von 1960 eingeleiteten Verfahren machten jedoch alleine seine DP-Regierung und seine anhaltenden Provokationen für die blutigen Übergriffe verantwortlich.
    • In der Folge des Pogroms verließen rund 100.000 Griechen ihre alte Heimat.
    • Während 1945 fast 125.000 orthodoxe Griechen als Minderheit in Istanbul lebten, sank ihre Zahl als Folge des Pogroms von 1955 dramatisch.
    • 1999 lebten noch 2.500 Griechen in der Türkei. Davon wohnten 2006 noch 1.650 in Istanbul.
    • Der für den Pogrom 1955 verantwortliche türkische Ministerpräsident Menderes genießt bis heute in der Türkei sehr hohes Ansehen. Seit den 1980er Jahren wurden Straßen nach ihm benannt und in Istanbul ein monumentales Mausoleum, das Anit Mezar errichtet, in das am 17. September 1990 mit einem Staatsakt seine Gebeine sowie die der beiden mithingerichteten Minister, geschafft wurden. 1987 benannte man den internationalen Flughafen von Izmir nach ihm und gründete 1992 die „Adnan-Menderes-Universität“. 2006/2007 wurde sein Leben für eine umfangreiche türkische Fernsehserie verfilmt.
  • 1997 erließ der Gouverneur von Mardin ein Verbot gegen die Klöster Zafaran und Mor Gabriel, ausländische Gäste zu beherbergen und Religions- sowie muttersprachlichen Unterricht zu erteilen. Internationale Proteste bewirkten, dass wenigstens das Beherbergungsverbot wieder aufgehoben wurde. Sprachunterricht in Aramäisch bleibt aber weiterhin untersagt.

  • Anfang Februar 2006 wurde in der Stadt Trabzon am Schwarzen Meer der 68-jährige katholische Priester Andrea Santoro von einem 16-jährigen muslimischen Oberschüler erschossen, der sich so für die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in Dänemark rächen wollte. Der Priester war jedoch von Bewohnern der Stadt schon im Vorfeld mit Gewalt bedroht worden.

  • Im März 2006 kam es zu zwei gewalttätigen Übergriffen auf die katholische Gemeinde in Mersin. Dabei kam es zu Verwüstungen der Gemeinderäume und einer Messerattacke auf den Kapuzinerpater Hanri Leylek.

  • In der ersten Jahreshälfte von 2006 wurden bereits zwei Priester durch Messerangriffe verletzt und ein Dritter, Andrea Santoro, in seiner Kirche erschossen.

  • Ermordung Hrank Dinks

    • Hrank Dink, ein armenischer Journalist am 19. Januar 2007 in Istanbul vor den Redaktionen zweisprachigen Wochenzeitung Agos ermordet.

    • Der Mörder wurde auf Fotos und einem Video nach der Verhaftung von einigen Polizisten vor der türkischen Fahne gefeiert. Am 19. Januar 2007 wurde Hrant Dink in Istanbul vor dem Verlagshaus der Agos erschossen. Dem Augenzeugen Muharrem Gözütok zufolge rief der Täter beim Weglaufen: „Ich habe den Ungläubigen erschossen“. Der 16-Jährige, der die Tat inzwischen gestanden und keinerlei Reue gezeigt haben soll, stammt aus der türkischen Stadt Trabzon, wo knapp ein Jahr zuvor der katholische Priester Andrea Santoro, ebenfalls von einem 16-jährigen Jugendlichen, ermordet worden war.

  • Am 18. April 2007 ermordeten fünf türkische Männer in der osttürkischen Stadt Malatya die drei Christen Necati Aydin, Ugur Yüksel und Tilmann Geske, indem sie ihnen die Kehlen durchschnitten und sie verbluten ließen.

    • Necati Aydin und Ugur Yüksel waren vom Islam zum christlichen Glauben konvertierte Mitarbeiter des christlichen Verlagshauses Zirve, Tilmann Geske ein in der Türkei wohnhafter deutscher Christ. Als Motivation für ihre Tat gaben die jungen Männer an, die Stadt vom christlichen "Missionarswesen" reinigen zu wollen. Quelle

  • Im Februar 2008 ist die Türkei bei ihrer Offensive gegen die PKK auf irakischem Gebiet gegen christliche Dörfer vorgegangen, in denen es nie militärische Einrichtungen gegeben hat. Dabei handelt es sich um Dörfer, die erst nach dem Sturz der Saddam-Regimes von christlichen Flüchtlingen aus allen Teilen des Irak wieder besiedelt wurden. Nach Informationen des chaldäischen Bischofs von Ahmadia und Hewler wurden die Dörfer von mehreren Flugzeugen bombardiert.

  • Alltägliche Verfolgung und Diskrimierungen
    • Weiter oben sind nur einige drastische Beispiele der Verfolgung und Unterdrückung von Christen in der Türkei aufgezählt
    • Auch im Alltag spielt die Diskriminierung eine große Rolle, so ist "Gavur" ein gängiges Schimpfwort für alle Nichtchristen
    • Auch Armenier wird gerne als Schimpfwort benutzt.
    • So wird beispielsweise Abdullah Öcalan der Gründer der PKK oft als armenischer Bastard beschimpft, obwohl er nachweislich kein Armenier und sogar halb Türke ist.
    • Auch Ahmet Kaya ein bekannter Sänger in der Türkei wurde bei einer Preisverleihung als er sich positiv über die Kurden geäußert hatte als unbeschnittner Zuhälter beschimpft. Quelle
  • Wer in der Türkei öffentlich den Völkermord auch nur erwähnt und öffentlich macht, ist höchster Lebensgefahr, Beschimpfungen und schlimmsten Anfeidungen ausgesetzt.

Wie anhand diesen Beispielen zu sehen ist, wird die Verfolgung der Armenier und anderer Christen in der Türkei fortgeführt.